Festschrift zum Jubiläum von W. Kündig & Cie AG

49 MARCEL BERCHTOLD FUNKTION: Head of Grain / Pulses BEI KÜNDIG SEIT: 1982 Ich reise beruflich bedingt viel und treffe auf verschiedene Menschen, die mich teils nachhaltig beeindrucken und meine Ein- stellung zum Leben prägen. Zwei Beispiele: Im Frühling bin ich regelmässig für knapp zwei Wochen im hohen, eiskalten Teil der USA und von Kanada unterwegs. Ich besuche Farmer, Reinigungsbetriebe und Abpacker. Die Distanzen zwischen dem einen und dem nächsten sind teilweise sehr lang, tägliche Fahrten von 750 Kilometer Länge sind üblich. Einmal, als das Thermo- meter in Minnesota bei unserer Ankunft -28 Grad anzeigte — und es sichwie -37 Grad anfühlte —, fragte ich einen, ob und wie man bei solchen Temperaturen überhaupt ein glückliches Leben führen kann. Er ant- wortete: «Als Erstes muss man akzeptieren, dass es so ist, und dann kann man es auch lieben.» Diese Weisheit begleitet mich seither. Es stimmt doch für so manches im Leben: Nicht jammern, sondern das Beste aus einer Situation machen. * * * Eine andere unvergessene Konversation hatte ich in Ungarn: Ich fragte einen bereits ziemlich angejahrten Lieferanten, was das beste Alter in seinem Leben gewesen sei. Er antwortete: «Marcel, das beste Jahr ist jedes Jahr, in dem du nicht tot bist.» AUSSERDEM II YAYING TANG FUNKTION: Geschäftsführerin Niederlassung Bejing BEI KÜNDIG SEIT: 2010 Ich erinnere mich jeden Tag an eine Lebens- phase vor 13 Jahren. Ich litt an einem Tumor, hatte grosse Schmerzen und keine Hoffnung, fühlte mich auf demWeg in die Hölle. In diesemwohl härtesten Moment meines Lebens erhielt ich einen Anruf von Heinz Wunderlin aus der Schweiz. Er ermutigte mich, den Kopf nicht hängen zu lassen, und versprach mir: «Wirwerden auf Sie warten, damit Sie hierweitermachen, was Sie mit so viel Erfolg aufgegleist haben.» Dieses Versprechen gab mir sehr viel Kraft bei dem, was ich im Krankenhaus und danach durch- zustehen hatte. Zwei Monate später kehrte ich an meinen Arbeitsplatz zurück und war mir bewusst, dass es für Kündig einfach und auch durchaus legitim gewesen wäre, mich durch jemand anderen zu ersetzen. Aus Dankbarkeit für diese Loyalität mir gegenüber habe ich mir geschworen, der Familie und demUnternehmen bis zu meiner Pensionierung zur Verfügung zu stehen. Ich weiss nur zu gut, warum dieses Unterneh- men 100 Jahre überlebt hat, immer grösser und stärker geworden ist: wegen seiner Mitarbeiter, die hart arbeiten und die hervor- ragende Reputation pflegen, und vorbild- licher Chefs, die gut zu diesen Mitarbeitern schauen. Dieses Unternehmen hat eine Seele, die unzerstörbar ist wie die Grosse Mauer.

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